Erzählungen von Anja Di Bartolomeo
Zu spät. Nicht zu spät. Oder vielleicht doch zu früh? Kann es eigentlich je zu spät sein? Anja Di Bartolomeos Erzählungen beleuchten die unterschiedlichen Aspekte einer häufig leicht dahingesagten Floskel. Und lassen den Leser am Ende selbst entscheiden.
Michael ist zu spät. Vielleicht verpasst er den Zug. Dieser wird in Kürze abfahren. Mit oder ohne ihn. Alle warten sie auf ihn. Und auch das Leben, das eigentlich gar nicht mehr sein Leben ist. Was, wenn er es einfach darauf ankommen lässt. Einfach zu spät kommt. Nicht einsteigt. Ist es dann wirklich zu spät oder öffnet sich eine neue Tür?
Da ist der Vater, der seine Tochter seit Jahren nicht mehr gesehen hat. Er weiß, er trägt Verantwortung. Er weiß, die Wunden sitzen tief. Als sie sich meldet, ist plötzlich wieder alles möglich. Oder doch nicht?
Für Klaus Michalsky ist es am Ende zu spät. Für die anderen, die immer unter ihm gelitten haben, ist alles ganz anders. Die Grenzen sind verwischt. Es ist alles eine Sache des Blickwinkels und der Interpretation. Zu spät und nicht zu spät. Zu spät, um zu verzeihen. Zu spät, um sich aufzulehnen oder eine Entscheidung zu treffen. Wann ist es zu spät und gibt es dann überhaupt noch einen Ausweg. Was überwiegt? Kampfgeist oder Resignation. Einsicht oder Verleugnung. Hoffnung versus Aufgabe. Mut versus Stagnation.